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29.04.2024

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6 Min.

Mit neuem Schwung aus dem Schatten

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Der Höhenflug der „glorreichen Sieben“ um Meta, Nvidia & Co. elektrisiert seit Monaten die Anlegerinnen und Anleger. Die Aktien aus der zweiten Reihe sind dabei aus dem Fokus geraten – zu Unrecht. Denn viele mittlere und kleine Unternehmen sind auf ihren Feldern Weltmarktführer – gerade wenn sie aus Deutschland kommen. Auf manch ihrer Produkte sind selbst die US-Technologiekonzerne angewiesen. Nach einer Durststrecke steigen nun die Chancen für ein Comeback der Nebenwerte an der Börse.

Die mobilen Handheld-Computer von ACD Elektronik im baden-württembergischen Achstetten sehen für den Laien aus wie überdimensionale Smartphones mit physischer Tastatur. Doch mit den Hightech-Geräten lässt sich per WLAN ein kompletter Maschinenpark genauso steuern wie die vollautomatische Zusammenstellung von Paketsendungen in einem Warenlager für den Versand. Für seinen Erfindergeist wurde das Unternehmen vor drei Jahren mit dem Innovationspreis des Landeswirtschaftsministeriums ausgezeichnet. Ein hohes Entwicklungstempo ist für ACD dabei aber auch überlebensnotwendig. Ähnlich wie bei Smartphones ist eine Gerätegeneration nach kurzer Zeit technisch überholt.

Viele kleine und mittlere Unternehmen haben sich mit ihrem Know-how zu Weltmarktführern in ihren Bereichen entwickelt. Oft sind es Nischensegmente. Die Firmennamen? Meist nur Brancheninsidern und Fachleuten geläufig. Solche „Hidden Champions“ gibt es nicht nur hierzulande. „In ganz Europa finden sich Unternehmen, die aufgrund ihres Geschäftsmodells nachhaltiges Wachstum liefern – neben Deutschland vor allem in Skandinavien und der Schweiz“, sagt Matthias Bussemer, Fondsmanager des Deka-Europa Nebenwerte. „Das gilt vor allem für die Technologiebranche, aber auch für Pharma, Medizintechnik und Industrie.“ So liefern etwa die beiden Schweizer Unternehmen VAT Group und Comet unverzichtbare Komponenten für Hightech-Anlagen zur Chipproduktion. Zu den Kunden zählen die weltweit führenden Halbleiterhersteller ebenso wie die Produzenten der Anlagen.

Foto: mk-technology.com; Titelfoto: picture alliance / Westend61 / Stefan Schurr

Dampfautoklaven von MK Technology: Sie sind für den Einsatz von Hochdruck- und Hochtemperaturdampf zur Abtötung von Mikroorganismen ausgelegt.

Die Erfolgsfaktoren der Marktführer: die Kombination aus neuen Technologien und passgenauen Lösungen für ihre Kunden. Dabei gestalten sie ihre Innovationsprozesse offen, ohne die Produktentwicklung aus der Hand zu geben, und investieren hier mehr als die Großen in ihren Branchen. Das bringt ihnen den Vorsprung am Markt. „Sehr häufig entwickeln und produzieren sie funktionskritische Zulieferteile, die für das Zielprodukt von elementarer Bedeutung sind, da Ausfälle und Reparaturen unverhältnismäßig hohe Kosten verursachen würden“, weiß Bussemer. „Mit ihrer überdurchschnittlichen Qualität und konkurrenzlosen Technologie können diese Zulieferer daher auch höhere Preise durchsetzen.“

Ein Beispiel dafür: MK Technology. Das Unternehmen aus Grafschaft bei Bonn konstruiert und baut unter anderem Gießanlagen zur Herstellung komplexer Formen und Materialien, aber auch vollautomatische Dampfautoklaven zum Aushärten keramischer Formtrauben. Zu den Auftraggebern gehört unter anderem Space X, das Raumfahrtunternehmen von Elon Musk. Für sie stellt MK die Brennkammern der Space-X-Raketen her.

Deutschland mit vielen Weltmarktführern

Weltweit hat der emeritierte Wirtschaftsprofessor und erfolgreiche Buchautor Hermann Simon rund 3000 Hidden Champions identifiziert, mehr als die Hälfte davon sind nach seinen Angaben in Deutschland beheimatet. „Kein anderes Land hat so viele Hidden Champions wie wir“, betont Simon. Mit ihren Technologien und Geschäftsmodellen erwirtschaften die Hidden Champions hierzulande einen Großteil der Exportstärke von Europas größter Volkswirtschaft.

Warum gibt es ausgerechnet in Deutschland so viele? Für Simon hat das historische Gründe: „Es gab eine frühe Tendenz zur Internationalisierung, die bis heute typisch für deutsche Unternehmer ist – anders als etwa in Frankreich, Japan oder den USA.“ Konzerne wie Bosch etwa zählen heute auch deshalb zu den Großen ihrer Branche, weil das Management Ende des 19. Jahrhunderts erkannt hat, dass angesichts der hohen Nachfrage eine Expansion auch außerhalb des Heimatmarktes wirtschaftlich sinnvoll ist. Eine weitere Ursache sieht Experte Simon darin, dass sich in vielen Regionen Deutschlands über Jahrhunderte besondere handwerkliche Fähigkeiten herausgebildet haben. So ist es kein Zufall, dass es zwischen Schwarzwald und Schwäbischer Alb heute mehr als 500 Medizintechnik-Unternehmen gibt. Ihre Ursprünge liegen in der Uhrenindustrie.

Facharbeiter in Deutschland top ausgebildet

Hinzu kommen an vielen Orten des Landes Partnerschaften und Technologietransfers zwischen Hochschulen und Unternehmen. Dass allein in der niedersächsischen Stadt Göttingen 39 Messtechnik-Unternehmen ihren Sitz haben, hat viel damit zu tun, dass die mathematische Fakultät der dortigen Universität lange Zeit als weltweit führend galt: Auch wenn ihr Ruf in jüngster Zeit etwas gelitten hat, rangierte die Universität Göttingen im jährlichen Academic Ranking of World Universities viele Jahre unter den 100 besten Hochschulen weltweit. Für den Wirtschaftswissenschaftler Simon spielt letztlich auch das duale Berufsausbildungssystem in Deutschland eine wichtige Rolle für den Erfolg der Hidden Champions. „Wir haben die am besten ausgebildeten Facharbeiter der Welt“, ist Simon überzeugt.

Die meisten Hidden Champions in Deutschland sind dabei Familienunternehmen. Dass diese an die Börse gehen und damit auch für Außenstehende investierbar werden, ist aber in anderen Ländern noch ausgeprägter als in Deutschland. „In der Schweiz und in den skandinavischen Ländern gibt es eine andere Unternehmens- und Kapitalmarktkultur, wovon Institutionelle und Fonds profitieren“, weiß Fondsmanager Bussemer. In der schwedischen Volkswirtschaft zum Beispiel haben Mid Caps eine hohe Bedeutung. Insbesondere im Indus­triebereich, bei digitaler Infrastruktur, Energie und Gesundheit. Relativ gesehen öffnen sich hier viel mehr Small und Mid Caps dem Publikum und sind eher geneigt, an die Börse zu gehen. Eine Ausnahme von dieser Regel ist hierzulande Teamviewer. Das Start-up aus Göppingen ist mit Programmen zur Fernwartung von Computern groß geworden. Der Durchbruch kam mit der Pandemie. Inzwischen läuft die Software auf rund 2,5 Milliarden Geräten weltweit.

Mittelstand ist viel besser als sein Ruf

Doch von der deutschen Öffentlichkeit wird die Leistung des Mittelstands bisher kaum richtig wahrgenommen. Zu diesem Ergebnis kommt zumindest eine Umfrage der Unternehmensberatung PwC aus dem vergangenen Jahr. Laut dieser halten nur fünf Prozent der Befragten Familienunternehmen für international wettbewerbsfähig. Bei Konzernen sind es 71 Prozent der Befragten. Ähnlich groß fällt der Unterschied bei der Marktmacht aus mit sechs zu 73 Prozent. „Deutsche Familienunternehmen haben ein Imageproblem“, stellt Uwe Rittmann, Leiter Familienunternehmen und Mittelstand und Mitglied der Geschäftsleitung bei PwC, daher fest. „Ihnen fehlt es an Anerkennung, wenn es um wirtschaftliche Stärke, Innovationskraft und Krisenfestigkeit geht. Sie müssen klarer kommunizieren, um die Lücke zwischen Fakten und Fremdwahrnehmung zu schließen“, empfiehlt er.

Kein Wunder also, dass viele Aktien aus der zweiten Reihe an der Börse seit geraumer Zeit ein Schattendasein fristen. Die Musik spielte zuletzt vor allem an der Wall Street. Dort machten die Aktien der Technologiekonzerne um Nvidia, Meta und Alphabet mit hohen Kursgewinnen auf sich aufmerksam. Viele Nebenwerte gerieten darüber in Vergessenheit. Oft legten die Kurse sogar den Rückwärtsgang ein. An der deutschen Börse beispielsweise erholte sich der Dax relativ schnell vom Ukraine-Schock und kletterte nach oben. Mehrfach hat der Index im noch jungen laufenden Börsenjahr neue Allzeithochs markiert. Im MDax hingegen ist von Dynamik keine Spur. Mit rund 26.000 Punkten liegt er noch rund ein Drittel unter seinem Rekordhoch vom Spätsommer 2021.

Geldpolitik der EZB wird zum Gamechanger

Doch mit Blick auf den Sommer 2024 stehen die Chancen gut, dass Aktien aus der zweiten und dritten Reihe zur Aufholjagd starten. „Spätestens mit der ersten Zinssenkung der EZB wird sich die Stimmung bei den Nebenwerten drehen“, ist Joachim Schallmayer, Leiter Kapitalmarkt und Strategie bei der Deka, überzeugt. „Die erwartete Lockerung der Geldpolitik wird den Nebenwerten zu einer stärkeren Wertaufholung gegenüber den hochkapitalisierten Werten verhelfen. Das gilt auch für die relative Betrachtung des MDax gegenüber dem Dax.“ Das Kalkül dahinter: Small und Mid Caps benötigen für ihr Wachstum im Verhältnis mehr Kapital als Großunternehmen. „Daher haben höhere Finanzierungskosten kleine und mittlere Unternehmen relativ stärker belastet als die Großkonzerne. Dieser Effekt wird sich mit dem zu erwartenden Zinsrückgang abschwächen“, erklärt Schallmayer.

Neben den gestiegenen Zinsen belasteten aber vor allem in Deutschland auch andere Faktoren die Kurse der Nebenwerte – zum Beispiel die stark gestiegenen Energiepreise nach dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. Dieser Kostenschub war für mittelständische Unternehmen naturgemäß schwerer zu verkraften als für multinationale Großkonzerne. Denn MDax-Unternehmen erwirtschaften rund ein Drittel ihres Umsatzes im Inland, bei den Dax-Konzernen sind es etwa 17 Prozent. Die Großkonzerne haben ihre Produktionsstandorte oft rund um den Globus verteilt und sind damit auch in ihrer Energieversorgung breiter aufgestellt.

Ein Belastungsfaktor, der sich unmittelbar daraus ergibt: Druck auf die Gewinne. Aus Angst vor sinkenden Erträgen zogen viele Anlegerinnen und Anleger Liquidität aus kleinen und mittleren Unternehmen ab und nahmen Bewertungsabschläge vor. „Hinzu kam die Angst vor bösen Überraschungen in den Bilanzen“, ergänzt Philipp Spormann. Doch der Deka-Analyst macht Hoffnung: „All diese Belastungen sind inzwischen weitgehend verschwunden. Der Trend, dass sich die Geschäftsergebnisse der Unternehmen aus der zweiten und dritten Reihe mehrheitlich besser entwickeln als vom Markt erwartet, hat sich fortgesetzt.“

Das Bild hellt sich auf

Die Expertinnen und Experten der Deka gehen in einer aktuellen Studie davon aus, dass sich die Rahmenbedingungen für Nebenwerte weiter verbessern. Sie rechnen mit einer Stabilisierung des konjunkturellen Umfelds und einem soliden Wachstum der Weltwirtschaft von drei Prozent pro Jahr. Die Erwartung eines widerstandsfähigen globalen Wachstums wird durch eine seit Jahresanfang spürbar verbesserte Stimmung in den Einkaufsmanagerindizes unterstützt. Damit ist die Basis für eine gute Unternehmensgewinnentwicklung gelegt. „Vor allem Deutschland hinkt dem globalen Wachstum zwar noch hinterher. Aber auch hier scheint die Talsohle durchschritten zu sein“, prognostiziert Kapitalmarktstratege Schallmayer.

Die Zinswende der Notenbanken hat in den vergangenen Jahren zu einem erheblichen Anstieg der Risikoprämien europäischer Small und Mid Caps geführt, was nun für eine Kurserholung dieses Aktiensegments spricht. Denn in der Folge tendierten die meisten Aktien aus diesem Segment seitwärts und hinkten der Wertentwicklung der Large Caps hinterher. „Fundamental betrachtet lässt sich die hohe Risikoprämie allerdings nicht rechtfertigen“, beobachtet der Deka-Experte. „Denn trotz Zinswende konnten die Unternehmensgewinne europäischer Small Caps mit der von Large Caps Schritt halten. In einem Umfeld, in dem sich die Wirtschaften stabilisieren, wird das Gewinnwachstum der kleineren Werte mit dem der Dickschiffe zumindest weiter mithalten können.“

Gut möglich also, dass die Hidden Champions schon bald aus ihrem Schattendasein ins Rampenlicht der Börse treten. Und das nicht nur bei den Nebenwerten in Deutschland im MDax und SDax, sondern in ganz Europa.

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